05. Juli 2016

EZB: Aufsichtsräte sind nicht streng genug

EZB-Vertreter wollen an Sitzungen der Aufsichtsräte teilnehmen

Für die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank arbeiten die Führungsgremien der Banken wenig zufriedenstellend. Daher wurde in einer kürzlich stattgefundenen Versammlung angekündigt, dass zukünftig ausgewählte Vertreter an Gremiumsversammlungen teilhaben sollen. Die Europäische Zentralbank will sich damit einen besseren Einblick in die Aufsichtsratsarbeit verschaffen und dadurch zu präziseren Einschätzungen kommen. Zudem soll den Zentralbankvertretern auch der Besuch von Sitzungen ermöglicht sein, bei denen es um strategische Maßnahmen geht.

Der Entscheidung ging ein mittlerweile veröffentlichter Bericht voraus

Der Bericht ist das Ergebnis einer Untersuchung, der bei den überwachten Banken die Leistungsorgane und deren Risikobereitschaft zum Thema hatte. Die Bankenaufseher fassen das Ergebnis wie folgt zusammen: Die Leistungsorgane müssen die Geschäftsführungen noch mehr als bisher überwachen und hinterfragen. Damit wird das Misstrauen der EZB gegenüber der Überwachung von Vorständen durch die Aufsichtsräte deutlich. Nach Ansicht der obersten Bankenaufsicht besteht bei zahlreichen Instituten hinsichtlich Unabhängigkeit, kollektiven Wissens und der Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Kontrollgremien Bedarf an Verbesserungen.

Eine weitere Sorge der EZB-Aufseher ist die hohe Risikobereitschaft vieler Banken, daran können allerdings die Aufsichtsräte derzeit nur wenig ändern. Vielmehr zwingen die angesichts niedriger Zinsen wegbrechenden Erträge zum Beschreiten neuer Wege und zum Suchen alternativer Ertragsquellen.

Die EZB-Aufsicht überwacht mehr als 130 europäische Institute

Wenn die Bankenaufseher zu mehr Vorsicht bei geschäftlichen Risiken anhalten, darf auch nicht verschwiegen werden, dass die Zentralbankpolitik alle auf Profitabilität bedachte Banken zu mehr Risiko zwingt. Nicht nur die Aufsichtsräte werden von der Europäischen Zentralbank mit mehr Aufmerksamkeit konfrontiert, auch die Problemkredite europäischer Institute sind im Visier der Aufseher. Weil die kontinentalen Banken derzeit auf problematischen Darlehen in Höhe von etwa 900 Milliarden Euro sitzen, will die Aufsicht den Druck auf die meist südeuropäischen Institute schrittweise erhöhen.

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