Besonderheiten beim Handelsvertretervertrag

Wenn Sie nicht als Arbeitnehmer bei einem Kreditinstitut angestellt sind, sondern als selbstständiger Handelsvertreter für ein Finanzunternehmen Geschäfte vermitteln, dann bestehen ein paar Besonderheiten. Wie beim Angestelltenvertrag ist auch beim Handelsvertretervertrag in erster Linie von Bedeutung, was im Vertrag vereinbart worden ist. Das Handelsgesetzbuch (HGB) enthält aber einige zwingende Vorschriften zum Schutz der Handelsvertreter, von denen auch durch vertragliche Vereinbarung nicht abgewichen werden kann.

Die Kündigungsfristen bei einem auf unbestimmte Zeit eingegangenen Handelsvertretervertrag sind nach dem Gesetz sowohl für den Handelsvertreter als auch für den Unternehmer gestaffelt. Die Kündigungsfrist beträgt:

  • im ersten Jahr der Vertragsdauer einen Monat,
  • im zweiten Jahr der Vertragsdauer zwei Monate,
  • im dritten bis fünften Jahr der Vertragsdauer drei Monate und
  • nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren sechs Monate


Die Kündigung ist nur für den Schluss eines Kalendermonats zulässig, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen ist. Die Kündigungsfristen können vertraglich verlängert, aber nicht verkürzt werden. In einem Aufhebungsvertrag kann eine kürzere Restlaufzeit des Vertragsverhältnisses vereinbart werden.

Kündigt der Unternehmer den Handelsvertretervertrag, so hat der Handelsvertreter in der Regel Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Ausgleichs, sofern der Unternehmer aus den von dem Handelsvertreter vermittelten Geschäften auch nach Vertragsbeendigung noch erhebliche Vorteile hat. Dabei sind die Provisionen, die dem Handelsvertreter aufgrund der Kündigung des Handelsvertretervertrages entgehen, zu berücksichtigen. Dieser Ausgleichsanspruch besteht nicht, wenn der Handelsvertreter den Vertrag selbst kündigt, es sei denn, dass ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlass gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann.

Es ist nicht in jedem Fall einfach festzustellen, ob ein Ausgleichsanspruch besteht und häufig liegt der Ausgleichsanspruch der Höhe nach unter den Vorstellungen des Handelsvertreters. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zum einen werden nicht sämtliche Arten von Provisionen in die Berechnung des Ausgleichsanspruchs mit einbezogen und zum anderen ist der Ausgleichsanspruch der Höhe nach begrenzt auf eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung. War der Handelsvertreter viele Jahre in einem Finanzunternehmen tätig, so erscheint der Ausgleich daher verhältnismäßig niedrig. Der Ausgleichsanspruch für Versicherungs- und Bausparkassenvertreter beträgt hiervon abweichend maximal drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen.

Wichtiger Hinweis:
Der Handelsvertreter muss den Ausgleich innerhalb eines Jahres nach Vertragsbeendigung beim Unternehmer geltend gemacht haben. Versäumt er diese Frist, ist der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen. Zur Fristwahrung reicht es aus, dass der Handelsvertreter vom Unternehmer einen Ausgleich verlangt. Er muss den Ausgleichsanspruch dabei der Höhe nach (noch) nicht beziffern. Eine Form für die Geltendmachung des Anspruchs ist nicht vorgeschrieben. Allerdings muss der Handelsvertreter nachweisen können, dass er den Anspruch fristgerecht geltend gemacht hat. Insofern können die Ausführungen zur Zustellung des Kündigungsschreibens entsprechend herangezogen werden. Im Voraus, z. B. im Handelsvertretervertrag, kann der Ausgleichsanspruch nicht ausgeschlossen werden.

Als Handelsvertreter haben Sie Anspruch auf Erteilung eines sog. Buchauszuges. Mit Hilfe des Buchauszuges soll der Handelsvertreter seine Provisionsansprüche prüfen können. Der Buchauszug eignet sich in der Regel nicht für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs. Obwohl dieser Anspruch grundsätzlich während der Dauer der Tätigkeit als Handelsvertreter besteht, wird häufig nur am Ende des Vertragsverhältnisses von dem Recht, einen Buchauszug zu verlangen, Gebrauch gemacht. Eine Begründung des Verlangens auf Erteilung eines Buchauszuges ist nicht erforderlich. Der Anspruch kann ebenfalls nicht vertraglich ausgeschlossen werden.

Vielen Handelsvertretern ist nicht klar, wie mit Kundendaten nach Vertragsbeendigung umgegangen werden muss bzw. darf. Der Handelsvertreter akquiriert Kunden für den Unternehmer und im Namen des Unternehmers. Daher stellen Kundendaten grundsätzlich Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Unternehmers dar (nicht des Handelsvertreters!). Wenn im Handelsvertretervertrag nicht ausdrücklich eine anderslautende Regelung getroffen worden ist, dann hat der Handelsvertreter keinen eigenen Kundenstamm, den er nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen weiter betreuen kann. Wir empfehlen Ihnen in diesem Zusammenhang die Lektüre des Punktes „Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse“ (siehe unten) sowie den weiteren Punkt „Kundendaten“ auf dieser Plattform.

Wichtiger Hinweis:
Im Zusammenhang mit der Frage, wem die Kunden „gehören“, fällt häufig der Begriff „Kundenschutz“. Wenn Sie beabsichtigen, zukünftig mit einem Finanzdienstleister eine Kooperation einzugehen, sollten Sie diesem Punkt besondere Beachtung schenken. Welche Rechte stehen Ihnen in Bezug auf die Kunden zu und was geschieht im Falle der Vertragsbeendigung mit den Kundendaten? Ihr Kundenstamm kann Ihre finanzielle Zukunft darstellen! 

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